So kann man es auch sehen: Die Behindertenwerkstätten haben mit ihren Produkten einen „Wettbewerbsvorteil durch ethisches Handeln“. Wo allenthalben neudeutsch von „corporate social responsibility“ (CSR) als Verantwortung eines Unternehmens für ihre Mitarbeiter und die Gesellschaft geredet wird, da praktizieren dies die Werkstätten schon seit Jahrzehnten. Daran erinnerte Professor Dr. Karl Venker bei einem Vortrag zur Werkstättenmesse. Und er ermutigte die Werkstätten, sich mehr Gedanken zu eigenen Produkten zu machen“.
Eigentlich ist es ja nicht verblüffend, dass ein Marketing-Professor einen spannenden und humorvollen Vortragsstil hat. Ich gebe aber zu, dass ich vor Beginn der Vorlesung, pardon: des Vortrags knochentrockene Informationen erwartet hatte. Dr. Venker, der Professor für Betriebswirtschaft und Marketing an der Fachhochschule Georg Simon Ohm in Nürnberg ist, zerstreute diese Sorge schon in den ersten zwei Sätzen. Humorvoll und sehr praxisnah sprach er von den zahlreichen Erfahrungen, die er in Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) gesammelt hat, und welche Schlüsse er aus ihnen zog. Immerhin ist er dank seiner Reputation seit Jahren Jury-Mitglied bei der Festlegung des „exzellent“-Preises, der jedes Jahr wieder auf der Werkstättenmesse verliehen wird.
Professor Venker sprach vor einem gut besetzten Saal zum Thema „Chancen und Grenzen der Vermarktung von Produkten und Dienstleistungen der Werkstätten„. Dabei ging es um die beiden wesentlichen wirtschaftlichen Standbeine der Behindertenwerkstätten: die Werkaufträge und die eigenen Produkte. Für beide präsentierte er umfangreiche Folien, die er zum Teil gar nicht im Detail ansprach – ihr erheblicher Wert besteht meines Erachtens darin, dass sich die Werkstattverantwortlichen diese nachträglich in Ruhe anschauen und als Checkliste für ihre Planungen verwenden können.
Für mich waren natürlich die Eigenprodukte wesentlich spannender als die Werkaufträge. Professor Venker empfahl die „Gestaltung von neuen, schönen und sinnvollen Produkten“ um die Abhängigkeit von Auftraggebern und ein schwankendes Auftragsvolumen zu verringern – und obendrein sehen sich die Werkstätten zunehmend der Konkurrenz durch Billiglohnanbieter ausgesetzt. Mit Eigenprodukten ließen sich auch höhere Deckungsbeiträge erzielen – und gut für das Image sind sie obendrein. Immerhin hätten die Werkstätten einen „Wettbewerbsvorteil durch ethisches Handeln“.
Professor Venker wurde auch gleich praktisch und präsentierte Produkt-Pläne, die zu realisieren sich sicherlich lohnen würden. Da dürfen wir gespannt sein, ob eine Werkstatt die Ideen von ihm aufgreift – ich werde an dieser Stelle gerne darüber berichten.
Aber natürlich wies er auch auf die Risiken hin, die durch die Entwicklung eigener Produkte für Werkstätten entstehen könnten. Nämlich:
- Relative hohe Investitionen
- Hoher Aufwand für Marketing und Vertrieb
- Geschäftsrisiken und Wettbewerbsdruck
Immerhin bei Marketing und Vertrieb kann entia als zentrale Stelle zur Vermarktung von Werkstatt-Produkten aushelfen. Diese Idee als Herzstück von entia präsentierte ich Herrn Professor Venker gleich nach dem Vortrag.
Sein Kommentar, kurz und knapp: „Tolle Idee!“
Na also, was will man mehr 😀
Quellen: Die Folien des Vortrags von Professor Venker als PDF Projekte von Professor Dr. Karl Venker: http://www.innovationswerkstatt.info/ http://www.innopera.de/ Außerdem: Bericht über die Werkstättenmesse im entia-Blog Die weiteren Folien der anderen Vorträge zur Werkstättenmesse
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